Was alles bei der Einführung von Langzeitkonten zu beachten ist

Pandemiebedingt sind zahlreiche Unternehmen auf flexible Arbeitszeitmodelle angewiesen gewesen und sind es noch immer. Bei den Überlegungen der Unternehmen, wie das Angebot an die Arbeitnehmer gestaltet werden kann, rücken Langzeitkonten wieder verstärkt in den Blickpunkt.

 

Tarifrechtliche Beschränkungen beachten

Die Einführung von Langzeitkonten ist jedoch für viele Unternehmen bereits aus Rechtsgründen unmöglich. Tarifverträge enthalten in der Regel ausführliche Regelungen zur Arbeitszeit. Langzeitkonten sind hier meist nicht vorgesehen. Ausnahmen gelten beispielsweise in der chemischen Industrie, aber auch in einigen Tarifgebieten der Metall- und Elektroindustrie, wie etwa in Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen.

Dort, wo die tarifvertragliche Möglichkeit gegeben ist, Langzeitkonten einzuführen, sind meist Beschränkungen beim Aufbau zu beachten. So sehen etwa die Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie Obergrenzen bei der Zuführung, also dem Aufbau der Langzeitkonten, vor.

 

Steuerliche Grenzen der Gestaltungsfreiheit

Arbeitnehmer, die Wertguthaben für ein Langzeitkonto aufbauen, verfolgen damit ein Ziel: entweder die Freistellung im laufenden Arbeitsverhältnis oder aber die Freistellung unmittelbar vor Beginn der Renten, eventuell auch in Kombination mit einem Altersteilzeitmodell.

Steht nun das Ende des Arbeitsverhältnisses bevor, muss die Frage beantwortet werden, wie mit dem aufgebauten Wertguthaben verfahren werden soll. Das Gesetz gibt dem Arbeitnehmer die Möglichkeit, es – unter bestimmten Umständen – auf die Deutsche Rentenversicherung Bund zu übertragen. So kann zumindest der Freistellungszweck „ruhestandsnahe Freistellung“ weiterverfolgt werden.

Frau am See
Frau am See

Mit einer Abfindung ein Wertguthaben aufbauen?

Bei einvernehmlicher Beendigung eines Arbeitsverhältnisses wird oft eine Abfindung wegen des Verlustes des Arbeitsplatzes gezahlt. Insbesondere dann, wenn das Arbeitsverhältnis aus betriebsbedingten Gründen endet. Im Rahmen eines Sozialplans werden in der Regel Abfindungen vereinbart, deren Höhe sich an Kriterien wie Dauer der Betriebszugehörigkeit, Familienstand etc. orientiert.

Abfindungen wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses sind sozialversicherungsfrei, unterliegen jedoch der Steuerpflicht. Daher liegt der Gedanke nahe, die Abfindungszahlung steuerfrei in ein Langzeitkonto einzuzahlen und anschließend auf die Deutsche Rentenversicherung zu übertragen.

Die Ansicht der Steuerverwaltung: keine Einbringung von Abfindungen in das Langzeitkonto

Dieser Gedanke wurde in einem bestimmten Unternehmen weiterverfolgt. Im Rahmen einer Betriebsprüfung kam die Steuerverwaltung jedoch zu dem Ergebnis, dass sowohl die Einbringung in das Langzeitkonto wie auch die steuerfreie Übertragung des Guthabens auf die Deutsche Rentenversicherung so nicht möglich gewesen war. In der Folge erhielt der Arbeitgeber einen Haftungsbescheid über noch abzuführende Lohnsteuer.

Begründet hat die Steuerverwaltung dies im Ergebnis damit, dass eine Abfindung kein Arbeitsentgelt im Sinne der sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften sei und deshalb nicht in das Langzeitkonto eingebracht werden könne.

Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg hat diese Ansicht mit Urteil vom 17.06.2021 bestätigt. Dies hat nun folgende Konsequenzen:

  • Der Arbeitgeber muss nicht abgeführte Lohnsteuer nachentrichten.
  • Das Wertguthaben kann nicht wie beabsichtigt für eine spätere Freistellung verwendet werden.
  • Die bestehende arbeitsrechtliche Vereinbarung muss rückabgewickelt werden.

 

Statt Wertguthaben: Vervielfältiger nutzen

Der Gedanke, eine Abfindungszahlung zum Aufbau eines Wertguthabens zu nutzen, ist verlockend. Insbesondere wegen der Möglichkeit, Geldbeträge steuerfrei in das Wertguthaben einfließen zu lassen. Beim Abbau des Wertguthabens muss der Auszahlungsbetrag zwar versteuert und verbeitragt werden, das Wertguthaben kann jedoch zielgerichtet eingesetzt werden. Dass dies im Falle von Abfindungen an Grenzen stößt, zeigt die Entscheidung des Finanzgerichts.

Stattdessen kann eine andere, erprobte Lösung rechtssicher genutzt werden.

  • Aus Anlass der Beendigung des Arbeitsverhältnisses kann für die betriebliche Altersversorgung die sogenannte „Vervielfältigungsregel“ genutzt werden. Vereinfacht gesagt ist es möglich, einen höheren Betrag steuerfrei für Zwecke der betrieblichen Altersversorgung zu verwenden. Die Leistungen der betrieblichen Altersversorgung können frühestens mit Vollendung des 62. Lebensjahres in Anspruch genommen werden. Wer diese Leistung dann als Einmalzahlung in Anspruch nimmt, kann so auch die Zeit bis zum Beginn der gesetzlichen Rente überbrücken. Und das ganz ohne Risiko.

 

Artikel vom 28.02.2022 | Mehr wissen! Newsletter 2022/1

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